Die Sabine Yao-Reihe 02 - Mit kaltem Kalkül by Michael Tsokos

Die Sabine Yao-Reihe 02 - Mit kaltem Kalkül by Michael Tsokos

Autor:Michael Tsokos [Tsokos, Michael]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Knaur eBooks
veröffentlicht: 2024-09-02T00:00:00+00:00


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Dienstag, 3 . Dezember, 19 : 38 Uhr

Berlin-Alt-Treptow

Bauwagensiedlung

C

haos«, wie die Monti sich ausgedrückt hatte, oder »Schweinerei«, die Formulierung, die der Hüne von der Spurensicherung gewählt hatte, als er vor etwa zehn Minuten aus dem Trailer getreten war, waren nicht übertrieben für das, was Yao im Inneren vorfand.

Überall auf dem Boden verteilt lagen Gegenstände der unterschiedlichsten Art. Kleidungsstücke, wohl überwiegend von Kindern, wie Yao vermutete, Kinderspielzeug wie Puppen, Bälle, Spielfiguren, dann wieder Perücken, aber auch Ballknebel und diverse Fesselutensilien – Dinge, die Yao eindeutig in den Bereich Sexutensilien verortete und die irgendwie so gar nicht zu der Kinderkleidung und dem Spielzeug passten. Und zwischendurch lagen nicht nur immer wieder kleinere bräunliche Medikamentenfläschchen aus Glas in dem ganzen Chaos, sondern waren auch gelbe Plastikschilder mit Nummern darauf neben irgendwelche Gegenstände gestellt oder gelegt worden – der Versuch der Kriminaltechniker, irgendwie Ordnung in das Chaos zu bringen und die Position und Lage jedes Gegenstands und all der Dinge auf dem Fußboden zunächst fotografisch zu dokumentieren, ehe sie einzeln in Asservatenbeuteln verschwanden. Um dann in der kriminaltechnischen Abteilung des LKA hinsichtlich Fingerabdrücken, Faserspuren oder DNA -Spuren untersucht und ausgewertet zu werden.

Die bizarre Szenerie im Inneren des Trailers wurde durch ein unablässiges Blitzlichtgewitter noch verstärkt. Zwei Fotografen der Kriminaltechnik schossen Fotos von dem heillosen Durcheinander auf dem Fußboden aus allen erdenklichen Winkeln und Abständen. Während Yao draußen eben noch gefroren hatte, als sie ihre Daunenjacke abgelegt hatte, um in den Spurensicherungsoverall zu schlüpfen, verhielt es sich nun, im Trailer, genau entgegengesetzt. Der Temperaturunterschied zu draußen betrug sehr wahrscheinlich fünfundzwanzig, vielleicht sogar dreißig Grad, denn im Inneren des Trailers, dessen Grundfläche Yao auf etwa zwölf bis vierzehn Quadratmeter schätzte, war es brüllend heiß. Was schlichtweg daher rührte, dass sich im Inneren immer mindestens vier oder fünf, zeitweise bis zu sechs Personen aufhielten, die dort ihrer Ermittlungs- und Spurensicherungsarbeit nachgingen und deren Körper Wärme abstrahlten und so den kleinen Raum aufheizten.

Die in ihrem nicht atmungsaktiven Schutzanzug fast unerträgliche Wärme und feuchte Schwüle wurde durch den Geruch von Männerschweiß und einem süßlichen, für Yao undefinierbaren, wahrscheinlich chemischen Aroma intensiviert. Yao stand bereits nach kurzer Zeit nicht nur der Schweiß auf der Stirn, sondern lief ihr auch am Rücken in einem feinen Rinnsal hinunter. Langsam begann ihr Pullover mit dem Schutzanzug zu verkleben, was höchst unangenehm war und sie in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkte. Monti schien gerade dasselbe durchzumachen, wie die Rechtsmedizinerin an den zahlreichen feinen Schweißperlen auf der Stirn der Ermittlerin erkennen konnte.

Aber Yaos Interesse galt nicht dem Chaos auf dem Fußboden, sondern dem Toten im hinteren Teil des Trailers.

Der Körper des Mannes, denn von der Statur her konnte es sich nur um einen Mann handeln, befand sich mit Unterkörper und Beinen auf dem Boden und mit dem Oberkörper halb ausgestreckt auf einer dort befindlichen Polstergarnitur, die Yao mit ihrer völlig aus der Zeit gefallenen Farbe und Textur an Campingurlaube mit ihren Eltern an der Ostsee vor fünfundzwanzig Jahren erinnerte.

Yao konnte das Gesicht des Toten nicht sehen, da er mit dem Oberkörper vornübergebeugt dalag. Um ihn herum befand sich Blut.



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